Samstag, 23. Januar 2010

Ohne Tränen

Ich weine oft. Bei traurigen Filmen. Bei schönen Filmen. Wenn ich mich freue. Wenn ich traurig bin. Wenn ich jemanden weinen sehe. Wenn ich den Fernseher einschalte und ein mir unbekanntes Paar ein ebenso unbekanntes Neugeborenes in den Händen hält. Ich weine schnell. Ich weine viel. Ich weine oft.

Aber wenn diese trockene Verzweiflung von mir Besitz ergreift, wenn die Hoffnungslosigkeit mich erdrückt, wenn ich Angst vor dem Leben habe, wenn meine Sehnsucht mich erstickt, dann kann ich nicht weinen. Ich erstarre nur. Gelähmt. Ohne Tränen.

Mittwoch, 20. Januar 2010

Weil sie die Geschichten kaputtgeredet haben.

Literatur. Das habe ich ein Semester lang studiert. Sobald ich die Möglichkeit dazu hatte, wählte ich es ab. Weil ich Worte zu sehr mag. Weil mir Geschriebenes zu viel bedeutet. Weil sie die Geschichten kaputtgeredet haben. Ich ertrug es nicht. Dieses sture Analysieren der Erzählperspektiven, das Abzählen der Stilmittel, das brutale Wühlen in der Psyche der Autoren.
Schon in der Schule sagte meine Lehrerin zu mir: "Du liest falsch!" Weil ich zu emotional las, weil ich es zu nah an mich heran ließ. Ich lese falsch. Ich lese gerne falsch. Oh, wie kann man Werthers Leiden ohne Gefühl ertragen, einen Kafka auf das Verhältnis zu seinem Vater reduzieren, sich von Schiller nicht mitreißen lassen? Wie kann man monoton über die Stürmer und Dränger referieren? Wie kann man nur?

Ich mag Goethe nicht. Von Kafta verstehe ich vieles nicht. Schiller könnte jeder Seifenoper als Vorlage dienen.

Aber ich liebe ihre Worte und ihre Geschichten. Nicht nur ihre. Viele. Manchmal muss es keine große Kunst sein, kein Aneinanderreihen möglichst gewichtiger Begriffe. Manchmal ist es auch nur ein kleines Wort an der richtigen Stelle. Mit ihnen muss man vorsichtig umgehen, darf sie nicht drehen und wenden, ihnen Theorien und Statistiken überstülpen. Sonst gehen sie kaputt.

"Ich begreife manchmal nicht, wie sie ein anderer lieb haben kann, lieb haben darf, da ich sie so ganz allein, so innig, so voll liebe, nichts anders kenne, noch weiß, noch habe als sie!"
Goethe, Johann Wolfgang. Die Leiden des jungen Werther. 

Mittwoch, 6. Januar 2010

Norma, oh Norma.

Da ist es. Mein Bild. Ausgerechnet das. Damit hatte ich nicht gerechnet. Aber als ich es sah, wusste ich, dass ich es haben muss. Nun hängt sie an meiner Wand. Schwarze Flächen auf weißem Hintergrund formen ihr Gesicht. Nur die Lippen sind rot. Voll. Halb geöffnet. Die Augen halb geschlossen. Verführerisch? Oder ist sie einfach nur müde? Sie sieht traurig aus. Wer ist diese Frau, die von nun an auf mich blickt? Eigentlich kenne ich sie doch gar nicht.

Marilyn Monroe. Es war unmöglich sich Bilder anzuschauen ohne auf sie zu stoßen. Fotos, Kunstdrucke, Gemälde. Sie interessierten mich nicht. Bis ich dieses eine Bild sah. Jetzt frage ich mich welches Schicksal dahinter steckt. Wer war Marilyn? Natürlich habe ich schon von ihr gehört, gelesen, gesehen. Sie ist trotz ihres Todes allgegenwärtig. Oder gerade deswegen. Auch in unserer Kultur.
Wikipedia spuckt Fakten aus. Danach suche ich nicht.
Norma,oh Norma. Wie wurde aus dir nur Marilyn? Wie kommt es, dass du jetzt an meiner Wand hängst? Wer bist du?

Montag, 4. Januar 2010

Ich will nicht blass sein.

Ich sehne mich so sehr nach dem Leben. Gerade fühle ich mich wieder wie betäubt. In Watte gehüllt. Die Gefühle sind so dumpf. Ich will spüren. Wenn es sein muss auch Schmerz. Etwas Echtes. Warum liegt zwischen tiefen Empfindungen immer Stumpfsinn? Warum hält es nicht an? Wieso verblasst es immer? Ich will nicht blass sein.


Es geht mir gut. Ich bin nicht nicht traurig, nicht schlecht gelaunt. Nur gelangweilt. Von mir selbst. Das Leben kann nicht immer aufregend sein. Wir brauchen Pausen um nach Durststrecken umso stärker fühlen zu können. Das ist logisch. Aber es gefällt mir nicht. Damit finde ich mich nicht ab. Ich will keine Pause. Nicht jetzt. Ich will mich hingeben. Einem Gefühl. Bis ich ganz darin versinke. Bis ich nichts anderes mehr bin. Bis ich lebe.