Dienstag, 7. September 2010

Jesus liebt mich von David Safier

 M.o.n.s.t.e.r
(Mittdreißigerin ohne nennenswertes Selbstbewusstseun, Trauschein, Energie und Reife)

Inhalt: Marie liebt Jesus. Dummerweise wandelt der nur kurzzeitig auf Erden um das jüngste Gericht einzuläuten. Dabei steht Marie neben der Angst vor dem ewigen Feuersee und der Rettung ihrer Seele vor ganz anderen Problemen, zum Beispiel: Was trägt man bei einem Date mit Jesus? Und ist eine Salsa-Bar wirklich der richtige Ort dafür?

Positiv: Es ist wunderbar leicht zu lesen und sehr unterhaltsam, voller Anspielungen und Sakasmus. Dennoch gibt es immer wieder kurze Abschnitte, die trotz des Humors nachdenken lassen. Und immerhin: Jesus war mir bisher höchst unsympathisch, jetzt hab ich ihn irgendwie lieb.
 
Negativ: Man liest das Buch, amüsiert sich und legt es dann wieder beiseite. Das ist natürlich nicht tragisch, aber zumindest mir wird es vermutlich nicht lange im Gedächtnis bleiben. Außerdem ist der Schreibstil oft etwas zu einfach, selbst für so ein Buch.


Fazit: Eignet sich perfekt zum Abschalten und ist ein toller Zeitvertreib.
 
Lieblingsstelle: Gott als Emma Thompson im altenglischen Landhaus. Vermutlich weil "Sinn und Sinnlichkeit" die einzige Austen-Verfilmung ist, die ich richtig gern habe.

Zufallszitat:  Er war müde. Sehr müde. Er litt unter dem Bourn-Out-Syndrom. Dieses verdammte letzte Jahrhundert!Vorher ging es ja noch, aber seitdem: Egal, wie er sich auch anstrengte, die Menschen waren einfach viel, viel besser darin, sich die Hölle auf Erden zu bereiten, als er, Satan.
Sicher, er hatte auch ein paar gute Ideen entwickelt, um die Menschen zu quälen: Neoliberalismus, Reality-TV, Modern Talking (auf den Song Cheri, Cheri, Lady wer er besonders stolz), aber alles in allem konnte er den Menschen nicht mehr das Wasser reichen
.“
 
Bewertung:  7 von 10 Punkten

Samstag, 28. August 2010

desperate to feel something


»Here it comes, she thought. Another self indulgent, whiskey soaked, diatribe about how fucking great everything was in the past. And how all us poor souls born too late to see the Stones at - wherever, or snort the good coke like that they had at Studio 54 - well, we all just missed out on practically everything worth living for. And the worst part was, she agreed with him.
Here we are, she thought, at the edge of the world - the very edge of western civilization and all of us are so desperate to feel something... anything... that we keep falling into each other and fucking our way toward the end of days.
Mia Lewis in Californication

Dienstag, 17. August 2010

An Bord der Titanic von E.W. Heine

 Kille Kille Geschichten
Inhalt: "17 hintergründig-makabere Geschichten, mit denen E.W. Heine einmal mehr seinen Ruf als Meister des schwarzen Humors unter Beweis stellt."

Positiv: Er kann schreiben. Ja, wirklich. Nicht jeder Schriftsteller beherrscht sein Fach, aber Heine kann wundervoll mit Worten umgehen und findet fabelhafte Metaphern. Alle Geschichten waren angenehm klar und direkt ohne träumerisch, romantisch oder verklärt daherzukommen. Und die ein oder andere Geschichte hatte es durchaus in sich.

Negativ: Und da wären wir auch schon beim Negativen. Von 17 Geschichten konnten mich vielleicht 3 oder 4 überzeugen. Die meisten waren vorhersehbar und abgebrüht. Wobei ich mich fragte ob ich diejenige bin, die abgebrüht ist, denn als wirklich makaber empfand ich eigentlich nur eine einzige der Shortstorys. Andere haben mich wenigstens noch überraschen können, aber die meisten langweilten mich. Ich hatte mir mehr davon erwartet und war enttäuscht.

Fazit: Die Geschichten eignen sich super um sie zwischendurch, wenn man nur wenig Zeit hat, zu lesen. Man findet auch ein paar Schmuckstücke, aber man sollte sich nicht zu viel davon versprechen, sondern es einfach als Gelegenheitsunterhaltung sehen, dann wird man auch nicht enttäuscht und kann das Buch sicherlich genießen.

Lieblingsstelle: Die Geschichte "Drohnen müssen sterben."

Zufallszitat:  „Meine Vormieter hatten seit Jahrzehnten immer wieder neue Tapeten über die alte geklebt.“

Bewertung:  5 von 10 Punkten

Montag, 16. August 2010

»Some people feel like they don't deserve love. They walk away quietly into empty spaces, trying to close the gaps of the past.


Tagebucheintrag von Chris McCandless

Freitag, 13. August 2010

Ensel und Krete von Walter Moers

 Hexen stehen immer zwischen Birken
Inhalt: Ensel und Krete verliefen sich im Wald. Es war so finster und auch… Ja, eigentlich trifft es das ziemlich gut, aber irgendwie ist in Zamonien dann doch alles ganz anders. Die Geschwister begegnen im großen Wald nicht nur der Hexe, sondern auch dem Laubwolf, einem Stollentroll, doppelköpfigen Wollhühnchen, Sternenstaunern und vor allem jeder Menge Halluzinogenen.
Eingebettet in diese Märchenparodie, wie Moers es selbst nennt, meldet sich auch der fiktive Autor Hildegunst von Mythenmetz immer wieder an den unpassendsten Stellen in dem von ihm geschaffenen Stilmittel, der Mythenmetzschen Abschweifung, zu Wort und…schweift ab. Nach dem (eigentlich schon zweiten) Ende der Geschichte folgt noch seine halbe Biografie.

Positiv: Ich hatte stellenweise das Gefühl mich mit dem Buch zu streiten, weil es mich ärgerte. Das klingt seltsam, aber wie würdet ihr euch fühlen, wenn ihr mitten in der Geschichte plötzlich  3 Seiten lang das Wort „Brummli“ zu lesen bekommt, weil Hildegunst danach ist und wir als Leser dem diktatorischen Autor unterworfen sind? Doch genau das macht das Buch so amüsant. Man weiß nie welcher Wahnsinn auf der nächsten Seite lauert. Das weiß man übrigens auch innerhalb der Geschichte nicht. Erleben die Kinder die geschilderten Abenteuer tatsächlich, träumen sie oder halluzinieren sie wegen der Dämpfe und Pilze? Dass die fiktive Realität ebenso seltsam ist wie es die Trugbilder sind, macht es nicht einfacher.
Ganz besonders habe ich die Mythenmetzschen Abschweifungen genossen, in denen der zamonische Schriftsteller seine literarischen Kniffe und damit seine Genialität erläutert, mit seinem größten Kritiker abrechnet oder auch nur ganz banal seinen Arbeitsplatz bis ins Kleinste beschreibt.
Auch die zahlreichen Fußnoten, die für uns sonst unverständliche, zamonische Gegebenheiten erläutern, waren sehr amüsant. Vor allem gefällt mir, dass Moers nicht nur durch bloßen Text erzählt, sondern alle Möglichkeiten eines Buches voll ausschöpft, indem er die Schrift passend formatiert und es mit seinen typischen Zeichnungen schmückt.

Negativ: Die Geschichte steckt zwar voller fantastischer Geschöpfe, viel Humor und Ironie, aber das Irren durch den Wald war dann teilweise doch etwas zäh und ich hatte gelegentlich das Bedürfnis die Handlung voran treiben zu müssen. Zumindest mich haben die Charaktere nicht weiter berührt, sie waren alle sehr flach. Das Buch lebt eher von Ideenreichtum, weniger von einer durchgängigen, in sich schlüssigen Handlung, die den Leser mitfiebern lässt, obwohl der Plot eigentlich spannend angelegt ist.

Fazit: Ein wundervolles Buch, wenn man das Kind in sich noch nicht verloren hat und für Ironie, Übertreibungen und Witz offen ist.  Moers Stil ist einzigartig und darum vielleicht nicht für jeden etwas. Für mich schon.

Lieblingsstelle: Ensels Reise als Meteor durch das Weltall und die Mythenmetzschen Abschweifungen.

Zufallszitat:  „Der Stollentroll ließ seine Lider zur Hälfte herab und smirkte.“

Bewertung:  7 von 10 Punkten

Mittwoch, 11. August 2010

Ohne Vorspeise ist das doch nichts...

Als ich gestern völlig fasziniert auf den Vorfilm von Toy Story 3 starrte, der so wundervoll, amüsant, schön und liebevoll gemacht war, fragte ich mich:
Ja wo sind sie denn eigentlich hin, all diese wundervollen, amüsanten, schönen und liebevoll gemachten Vorfilme?


Dienstag, 10. August 2010

still chasing the memories in shadows

Shinedown - I Dare You

come alive, there are thoughts unclear
you can never hide

Samstag, 24. Juli 2010

Freitag, 23. Juli 2010

Dein sei Alles, aber entsag' ihm!

via 
»Aber wag' es, Unglückliche - wag' es, ihn jetzt noch zu lieben oder von ihm geliebt zu werden - Was sage ich? - Wag' es, an ihn zu denken oder einer von seinen Gedanken zu sein - Ich bin mächtig, Unglückliche - fürchterlich - so wahr Gott lebt! Du bist verloren!
»Ich will über diese schimpfliche Leidenschaft siegen, mein Herz unterdrücken und das deinige zermalmen - Felsen und Abgründe will ich zwischen euch werfen [...] Ich kann nicht mit ihm glücklich werden - aber du sollst es auch nicht werden - Wisse das, Elende! Seligkeit zerstören ist auch Seligkeit.
Friedrich Schiller: Kabale und Liebe
Lady Milford, IV, 7 

Montag, 19. Juli 2010

And I'll sing in your ear again


Now the drugs don't work
They just make you worse
But I know I'll see your face again 
The Verve: The Drugs don't work.

Samstag, 17. Juli 2010

"only the dead have time to learn it"

»Das Wort „sie“ zum Beispiel bedeutet sowohl „you“ als auch „she“ als auch „her“ als auch „it“ als auch „they“ als auch „them“. Man stelle sich die bittere Armut einer Sprache vor, in der ein einziges Wort die Arbeit von sechs tun muss – noch dazu ein so armes, kleines, schwaches Ding von nur drei Buchstaben. Vor allem aber stelle man sich die Verzweiflung vor, nie zu wissen, welche dieser Bedeutungen der Sprecher gerade meint. Das erklärt auch, warum ich im Allgemeinen jeden, der „sie“ zu mir sagt, umzubringen versuche, sofern ich ihn nicht kenne.

»Jedes Substantiv hat sein grammatisches Geschlecht, und die Verteilung ist ohne Sinn und Methode. Man muss daher bei jedem Substantiv das Geschlecht eigens mitlernen. Eine andere Möglichkeit gibt es nicht. Um das fertig zu bringen, braucht man ein Gedächtnis wie ein Terminkalender. Im Deutschen hat ein Fräulein kein Geschlecht, eine Rübe dagegen schon. Welch eine übermäßige Hochachtung vor der Rübe und welch eine kaltherzige Missachtung des Mädchens verrät sich hier!

Mark Twain: "Die schreckliche deutsche Sprache", 1880

Freitag, 16. Juli 2010

Mittwoch, 14. Juli 2010

»We should all start to live before we get too old. Fear is stupid. So are regrets.
»Wir sollten alle zu leben beginnen bevor wir zu alt werden. Angst ist dumm. Ebenso wie Bedauern.
Marilyn Monroe

Dienstag, 13. Juli 2010

Sissi? Oh, come on...fuck Sissi.

 
"I was no Sissi. Even at ten, I wasn't Sissi, 
much less at 18. I was never Sissi."
"Ich kann nichts im Leben, aber alles auf der Leinwand."
 
"Es gibt drei Menschen, die mein Leben entscheidend verändert haben. 
Alain, Viscont und Coco Chanel."

Montag, 12. Juli 2010

Heimkommen.

Manche Lieder liebt man und vergisst sie dennoch. Sie sind weg, einfach nicht mehr da. Gelöscht aus unseren Gedanken. Doch dann hört man unvermittelt die ersten Töne und es ist wie heimkommen. Erinnern. Und man weiß, man wird dieses Lied immer lieben und so oft man es auch vergisst, irgendwann wird es einen wieder finden.

Sonntag, 11. Juli 2010

»So the Nightingale pressed closer against the thorn, and the thorn touched her heart, and a fierce pang of pain shot through her. Bitter, bitter was the pain, and wilder and wilder grew her song, for she sang of the Love that is perfected by Death, of the Love that dies not in the tomb.
»Und so drückte die Nachtigall sich fester gegen den Dorn, und der Dorn berührte ihr Herz, und ein heftiger Schmerz durchzuckte sie. Bitter, bitter war der Schmerz und immer wilder wurde ihr Lied, denn sie sang von der Liebe, die sich im Tod erfüllt, von der Liebe, die auch im Grab nicht stirbt.

Oscar Wilde: The Nightingale and the Rose

Mittwoch, 5. Mai 2010

Der Schritt vom Wege


Wenn ich Fontanes Effi Briest als eins meiner Lieblingsbücher angebe, ernte ich meist unverständliche Blicke. Und ich kann es verstehen. Als ich das Buch für den Schulunterricht das erste Mal las, fand ich es schrecklich ermüdend und gähnend langweilig und immer, wenn es spannend werden könnte, überließ Fontane es der Fantasie seiner Leser sich besagte Szenen - seien es nun die heimlichen Liebestreffen oder das Duell auf Leben und Tod - selbst auszumalen, wo er nur wage Andeutungen machte. Ein mitreißendes Buch ist das wirklich nicht.

Dennoch blieb mir nichts anderes übrig als mich damit zu befassen. Und je mehr ich mich in die Materie einarbeitete, desto interessanter wurde diese Geschichte. Als ich sie das zweite Mal las, war sie schon sehr viel besser, nach dem 3. Mal war ich ihr verfallen. 

"Nicht so wild Effi, nicht so leidenschaftlich."
Fontane, Theodor: Effi Briest. S. 7

Wenn man sich auf den Text einlässt und bereit ist zwischen den Zeilen zu lesen, kann man so vieles entdecken, dass man sich fragt wie man das je hatte langweilig finden können. Plötzlich bekommen Nebensätze eine neue Bedeutung, auf einmal versteht man was der Autor ausdrücken will ohne es auszuschreiben. Dann erkennt man jeden Hinweis, bemerkt, dass Effi immer schaukelt, sich aus der fahrenden Kutsche herauslehnt, immer die Bodenhaftung verliert. Tochter der Lüfte wird sie einmal genannt. Ein albernes Gespräch zwischen Schulfreundinnen bekommt tiefere Bedeutung. Der erste Satz, die Beschreibung des Elternhauses, offenbart in sich bereits den Verlauf des Romans.

"Es war was anderes...mein Gewissen...
Effi, du bist verloren."
Fontane, Theodor: Effi Briest. S. 190


Ich habe das Buch mittlerweile 5 Mal gelesen und doch noch nicht jedes Detail entdeckt.
Ja, ich mag Effi Briest. Obwohl es auch mich zunächst sehr langweilte.

Sonntag, 2. Mai 2010

Die Welt versinkt im Farbenmeer

Eingekeilt zwischen langhaarigen Männern, Schweißgeruch und schwarzen Shirts. Ich in lila. Irgendwo mittendrin. Dann geht es los. Das Konzert wird für eine Live-DVD aufgenommen, die Band gibt alles. Wir auch, vielleicht sogar noch mehr. Erst ein wenig schüchtern, aber dann hat der Rhythmus mich. Ich kann mich treiben lassen, springe, schreie, singe und wundere mich wie gut ich die Texte beherrsche

In meinem Kopf sind Spiegelscherben,
taumelnd stürzte ich ins Verderben.
Zwischen Tod und ewig leben   
muss es etwas drittes geben. 

Und dann ist da noch dieser Mensch, wir sind uns nicht einig ob Mann ob Frau. Auf jeden Fall faszinierend. In dem Hemd mit der Krawatte sehr androgyn. Schön. Irgendwie erhaben. Elegant. Der Jüngling entpuppt sich als Frau. Es macht nichts, meine Blicke gleiten dennoch immer wieder zu ihr. Dann ist es vorbei und ich bin verschwitzt. Heiser. Meine Füße Schmerzen. Ich kann nicht mehr. Aber ich bin glücklich. Danke Subway to Sally. Ich habe alles von euch genommen und alles von mir gegeben.

Eisblumen blühen in der Nacht.


 

Sonntag, 25. April 2010

Erkenntnis

Sie hatte lange darauf gewartet, dass etwas passierte.
Dann begriff sie: Sie musste passieren.

Sonntag, 18. April 2010

Peek a boo.

Gestern war ich mit zwei Freunden in einer Kunstausstellung und es wurde rasch klar wieso das männliche Mitglied unserer kleinen Gruppe dorthin hatte gehen wollen. Nackte Frauen, wohin man nur schaute. Pin-Up. Pop-Art. Der Künstler, dessen Werke die Räume füllten, ist Mel Ramos, der dieses Jahr seinen 75. Geburtstag feiert.

Seine frühen Werke aus den 60ern bezogen sich noch auf Superhelden und wiesen deutlich die Einflüsse seines Wohnorts auf. Californien. Palmen und Strand. Dann kam er von den Frauenkörpern nicht mehr los. Skizzen, die in Bilder übergehen, Frauenstatuen, deren Oberkörper zum Leben erwacht sind, manchmal nur wenige Striche auf einer Leinwand. Später wurde er sehr viel konkreter.

Sie posieren kokett hinter Ketchupflaschen, räkeln sich auf riesigen Zigarren oder erwischen einen beim Blick durchs Schlüsselloch.Nackte Frauenkörper in Verbindung mit Konsumgütern. Die Frau als Konsumgut. Prangert er das an oder macht er sich das selbst zu Nutze? Man weiß es nicht genau.

Was mich besonders wunderte war, wie viele bekannte Stars auf den neuren Werken abgebildet waren. Da schauen Scarlett Johannson und Angelina Jolie nackt hinter dem Schlüsselloch hervor, Jennifer Aniston rägelt sich auf einer Dose und Cameron Diaz, Nicoe Kidman, Liv Tyler und Uma Thurman sowie Claudia Schiffer fehlen ebenso wenig.



Gefällt euch diese Art der Kunst oder haltet ihr sie für bedeutungslos? Ich bin mir selbst noch nicht so ganz sicher was ich davon halten soll. Vielleicht war es früher auch reviolutionärer. Heutzutage sehen wir einfach zu viele Brüste. Überall. Kein Tabubruch mehr.

Mittwoch, 14. April 2010

Theoretische Toleranz

Wir sind alle so unglaublich weltoffen. Jeder beteuert, dass es da mindestens einen Schwulen gibt, mit dem man sich gut versteht. Die Hautfarbe spielt selbstverständlich keine Rolle! Und es zählen nur die inneren Werte. In Filmen ist man natürlich auf der Seite der unterdrückten Loser. Denn man ist schließlich ein guter Mensch ohne Vorurteile. Wenn man die Leute fragt, gehört jeder zu diesen Menschen, die alle Lebensstile akzeptieren und niemals einen anderen Menschen verurteilen würden und jedem das Recht auf eine eigene Meinung einräumen. 

Ich frage mich, wie es dann sein kann, dass verängstigte Mädchen gemobbt werden und über unglückliche Outfits oder Übergewicht gelästert wird, wo ihre Klasse voller Mitschüler ist, die bei "Eine wie keine" entzückt seufzten als die Brillenschlange den Sportler abbekam. Vielleicht hätten sie stattdessen "Carrie" schauen sollen? Ich finde es auch höchst befremdlich, wie man betonen muss, dass man mit einer Lesbe befreundet ist. Uiuiui, wie aufgeklärt. Aber wenn die Sexualität eines Menschen egal ist, wieso wird sie dann überhaupt betont und zum Aushängeschild eines guten Charakters gemacht? Und ich wundere mich auch sehr darüber, dass so oft über "die Türken" (unabhängig davon ob es denn Albaner oder Iraner sind) gesprochen wird, weil "die Türken", nein, also denen sollte man besser nicht zu nah kommen. Das ist auch kein Rassismus, denn das sind weder Juden noch Schwarze. Gegen die hat man nämlich selbstverständlich gar nichts! Weil man eigentlich alle mag, unabhängig von ihrem Glauben oder ihrer Herkunft.

Jaja, so ist das mit der theoretischen Toleranz. Ich prangere nichts an. Denn es ist menschlich. So sind wir nun mal. Ich auch. Halte mich für edler als ich in der Realität sein kann. Es gibt Schubladen in unseren Köpfen. Ich verurteile das nicht. Ich wundere mich nur.

Dienstag, 13. April 2010

Selbstbetrug



Es gibt diese Vorstellung des idealen ICHs. Diese Person, die man sein möchte. Es wäre nicht einmal wirklich schwer. Sportlicher sein? Kein Problem. Nur 2 Mal in der Woche Joggen gehen. Schwer ist das nicht. Niemand hält uns davon ab. Oder möglichst viel lernen bis man es kann. Ein bisschen Zeit investieren statt sich vor dem Fernseher zu langweilen. Wäre auch kein Drama. Eindeutig machbar. Den Abwasch sofort erledigen, rechtzeitig aufstehen, Theater besuchen, regelmäßig aufräumen, einen Job finden, zu interessanten Ausstellungen gehen, Kontakte zu alten Freunden pflegen und gesunde Ernährung. Das alles ist kein Hexenwerk. Man weiß genuau was man tun muss um so zu sein und niemand hält einen davon ab. Wir haben alle Möglichkeiten. Es ist so einfach. So schwer.

Und dann, wenn man sich wieder einmal nicht zum Joggen aufgerafft hat, weniger gelernt hat als man hätte können und sollen, der unerledigte Abwasch noch in der Spüle steht, man doch lieber daheim bleibt statt sich die Ausstellung anzusehen, kommt die Enttäuschung. Man versteht sich selbst nicht. Unzufriedenheit. Noch während man die Chips isst, weiß man, dass man das doch nicht mehr tun wollte. Trotzdem hört man nicht auf. Man gefällt sich selbst nicht und ändert dennoch nichts. Warum nur fällt es so schwer zu sein wie man sein möchte? Es hält uns doch niemand davon ab. Wieso stehen wir uns selbst im Weg?

Sonntag, 11. April 2010

Von der Liebe zur Weisheit

Eigentlich sollte an dieser Stelle nun ein Artikel über eine antike Philosophin folgen, die in der Gestalt Rachel Weisz´ gerade über unsere Kinoleinwände wandelt. Nun möchte ich es doch anders beginnen, denn ein Gespräch mit meiner Mutter zeigte mir, wie wenig viele sich unter dem Begriff Philosophie vorstellen können. Kein Wunder, wo doch die Denker keine Volksstars mehr sind und der Begriff kaum zu erfassen ist. Denn Philosophie bedeutet alles. Wörtlich übersetzt die Liebe zur Weisheit und zum Wissen, praktisch angewandt sehr vielseitig.

Denn Wissen und Weisheit ist vieles. Mathematik, Psychologie, Ethik, Astronomie. Im Grunde jede Wissenschaft. Heute ist man geneigt den Philosophen als weltfremden Verkopften abzutun, doch noch vor wenigen Jahrhunderten hatte die Philosophie einen höheren Stellenwert als die Mathematik, seit diese Wissenschaften getrennt an den Universitäten gelehrt wurden.

Aber wie wird man nun Philosoph? Ich bin mir sicher, dass ihr alle es schon seid. Wie, ihr seid keine alten Männer mit Denkfalten? Weiß ich doch und trotzdem. Oder habt ihr euch noch nie gefragt woher ihr gekommen seid, was euer Wesen ausmacht, ob es einen Gott wirklich gibt, Schicksal oder Zufall? Wohin gehen wir nach dem Tod, woher kommt die Moral, wissen wir was gut und was böse ist, warum stehen wir uns manchmal selbst im Weg, wieso sind wir so wie wir sind? Was ist die Seele? Warum fallen die Blätter im Herbst von den Bäumen und wieso ist der Himmel blau? Wie werde ich glücklich? Was ist Glück eigentlich? Ist der Mensch frei oder von Zwängen geschützt? Erträgt der Mensch die vollkommene Freiheit überhaupt? Und was zum Teufel hat es mit der Liebe auf sich? Ein echtes Gefühl oder Hormone? Gibt es den einen Richtigen oder gibt es viele fast Richtige?

Ihr kennt die Antwort auf viele dieser Fragen? Davon sind doch nicht alle philosophisch? Ihr habt in der Schule gelernt wieso die Blätter von den Bäumen fallen und ihr seid so wie ihr seid aufgrund eurer Gene und  dem sozialen Umfeld. Mag sein. Aber vor der Erkenntnis steht die Frage. Darum heißt es auch Kinder seien die besten Philosophen. Nicht umsonst stellen sie so oft voll Naivität Frage um Frage um Frage bis ihre Eltern irgendwann keine Antwort mehr wissen. Und an diesem Punkt wird es philosophisch. Nun übernimmt keine andere Wissenschaft das Beantworten unserer Fragen, nun müssen wir durch eigenes Denken herausfinden was (um es mit Goethes Worten zu sagen) die Welt im Innersten zusammenhält.

Schon vor 2000 Jahren forderte Horaz:
Sapere aude, incipe.
Wage zu denken. Habe den Mut deinen Verstand zu nutzen. Jetzt!

1800 Jahre später nahm Kant sich diese Aufforderung übrigens sehr zu Herzen, aber dazu kommen wir ein anderes Mal.

Freitag, 9. April 2010

Zettelwirtschaft

Da sind sie. Meine Gedanken. Unordentlich auf Papier gekritzelt, ohne Ordnung, ohne System, manchmal unleserlich. Aber sie sind alle da. Bei mir. Zerknittert in meiner Hosentasche und ich werde keinen einzigen von ihnen verlieren. Stichpunkte zu allem was mich fasziniert. Namen, die nur Schatten sind und die erhellen will. Diese Gedanken sind noch nicht bereit, aber sie werden es irgendwann sein. Dann, wenn sie mehrmals gedacht wurden, wenn sie gedreht, gewendet, abgewogen und recherchiert wurden. Wenn ich mir sicher bin, dass es auch wirklich meine Gedanken sind. Dann will ich sie euch zeigen, das Papier glatt streichen, das Stichwort laut und sicher aussprechen, darüber schreiben und hoffen, dass sie auch Platz in euren Gedanken finden. Dann erst kann ich das Wort durchstreichen und mich darüber freuen, dass schon wieder viele neue Gedankenzettel in meiner Hosentasche zerknittern und nur darauf warten gedacht zu werden.

Montag, 5. April 2010

Vorurteile

Sie schwänzt die Schule. Sie schreibt schlechte Noten. Sie schminkt sich viel zu stark. Sie ist immer halbnackt. Auch im Winter. Sie spricht die Sprache der Straße. Sie ist schadenfroh. Sie ist zu selbstbewusst. Sie hat ständig einen anderen Jungen. Sie findet sich selbst toll. Sie lacht, wenn man über sie lästert. Sie soll schon abgetrieben haben. Sie soll ihrer Freundin den Kerl ausgespannt haben. Sie ist eine Schlampe.

Das sagen sie. Das denke ich.
Weil ich sehe wie sie sich anzieht, wie sie sich schminkt und wie sie sich gibt.
Wir sind nicht so. Wir sind anständig. Wir sind brav. Keine Streber, aber auch nicht so extrem wie sie. Wir schwänzen nicht, wir ziehen uns anständig an. Vor allem in der Schule. Wir flirten mit den Jungs, aber wir machen sie nicht an. Wir sind die Guten. Sie ist die Schlampe. Nur nicht zu nahe kommen. Lieber aus der Ferne die Nase rümpfen und sich zuflüstern mit wem sie gestern wieder gesehen wurde.
Das sind wir. Das bin ich.

Dann die Studienfahrt. Rom. Zu den anderen ins Zimmer kann sie nicht. Auch Schlampen. Freund ausgespannt. Streit. Wir haben noch ein Bett frei. Wir wollen sie nicht bei uns haben, aber was bleibt uns schon anderes übrig? Seltsame Situation. Auf einmal ist sie uns so nah. Viel zu nah. Wir bleiben freundlich. Distanziert, aber höflich. Schließlich sind wir die Guten. Tagsüber kaum Kontakt, immer unterwegs. Städtebesichtigung. Kirchen und Plätze. La dolce vita.

Abends im Zimmer. Es wird ruhig. Wir reden. Über die Stadt, über morgen, das Hotel, die anderen, Jungs. Sie schweigt. Dann sage ich etwas eindeutig Zweideutiges, obwohl ich doch zu den Braven gehöre. Alle lachen. Sie auch. Auf einmal ist uns leichter ums Herz. Wir sind uns plötzlich näher gekommen. Dass wir solche Wörter überhaupt in den Mund nehmen, wundert sie. Auch, dass wir so locker und lustig sind. Gar nicht so steif, wie sie immer dachte. Und wir wundern uns darüber wie gezielt sie sich artikulieren kann. Ohne "Alter" und "Fuck". Annäherung. Die nächsten Abende werden immer besser. Sie erzählt von sich und auf einmal ist sie nicht mehr die Schlampe, sondern ein Mädchen wie wir. Ein Mädchen, das geliebt werden möchte, das leben will und das seinen Weg noch nicht gefunden hat. Sie bleibt anders. Aber nun nicht mehr schlechter. Freundschaft in Rom.

Aber daheim? Da ist sie wieder die Schlampe. Wir gehen nicht zu ihr, sie kommt nicht zu uns. Distanz. Aber anders. Sie lächelt uns freundlich zu, wir rümpfen nicht mehr die Nase. Die Welt ist ein bisschen besser geworden.

Samstag, 3. April 2010

Die Ewigkeit beginnt heut' Nacht

 "Mit ihrem Herzblut schrieb ich ein Gedicht
auf ihre weiße Haut."
 Unstillbare Gier, Tanz der Vampire

Gestern Abend. Tanz der Vampire. Zum 3. Mal in meinem Leben. Das Musical hat sich kaum verändert, ich schon. Wo ich damals, vor neun Jahren, noch fasziniert war von der naiven Sarah, dem schüchternen Alfred und dem mysteriösen Vampirgrafen, berührt diese Geschichte mich heute nicht mehr. Sie wurde zu oft erzählt und ist zu glatt, zu klischeehaft, zu vorhersehbar. Ohne Brüche. Uninteressant. Es machte Spaß, alles, es bedeutet mir immer noch viel, aber meine Schwerpunkte haben sich verlagert. Wo ich damals hauptsächlich die Liebesbeziehungen im Blick hatte, sind es nun das Ballett und das Orchester, die mich bezaubern.



"Tauch mit mir in die Dunkelheit ein.
Zwischen Abgrund und Schein
verbrennen wir die Zweifel und vergessen die Zeit.
Ich hüll dich ein in meinen Schatten und trag dich weit.
Du bist das Wunder, das  mit der Wirklichkeit versöhnt."
Totale Finsternis, Tanz der Vampire

Freitag, 2. April 2010

"Beeile dich, du hast schon viel versäumt."

 "Ein Mädel wird sich schön bedanken, 
wenn deine Glut nur aus Gedichten spricht. 
Was nützt die Liebe in Gedanken? 
Kommt die Gelegenheit, dann kannst du's nicht."
Auszug: Hildes Gedicht, Film      

1927. Es ist Sommer. Da gibt es die Liebe und es gibt den Tod. Entweder oder. Paul und Günther sind sich einig: Verlieren sie die Liebe, ist ihnen auch das Leben nichts mehr wert.


Dieser Film ist voller Poesie und Sehnsucht. Es ist ein langsamer Film, ein leiser Film. Er nimmt sich zurück, lässt Worte und Gedanken wirken, untermalt von vertäumten Bildern. Leichte, weiße Hemden, die im Wind flattern, flachsfarbene Felder und dazu die Musik aus den Zwanzigern. Eigentlich geht es gar nicht darum, dass der Fim auf einer wahren Begebenheit beruht oder darum dieses Jahrzehnt realistisch nachzuzeichnen und eigentlich geht es noch nicht einmal so sehr um das Schicksal dieser Jugendlichen. Das Gefühl. Darum geht es. Schwärmerei, Melancholie, Lebensdurst, Unschuld, Schuld, Traurigkeit, Hoffnung, Wehmut, Leidenschaft. Liebe. Tod. Leben.


 "Wir haben das einzig Richtige getan: Wir haben gelebt."
Paul Krantz, Film    

Donnerstag, 1. April 2010

Bitte mag mich.

Menschen machen mir Angst. Ich mag sie, aber ich fürchte, dass sie mich nicht mögen

Am Samstag soll ich mich eigentlich mit Mel treffen. Nur zwei Tage lang waren wir während des Praktikums zusammen und wir verstanden uns gut. Jetzt haben wir beschlossen uns zu treffen, ich soll zu ihr fahren, weil sie krank ist und das Haus nicht lange verlassen kann. Ich mag Mel. Aber mag sie mich? Ja, irgendwie schon, wenn sie mich zu sich nach Hause einlädt. Doch reicht das?

Was, wenn wir uns im privaten Rahmen nichts zu erzählen haben? Wenn sie mich albern findet? Wenn sie merkt, dass sie sich getäuscht hat und ich uninteressant bin? Sie wohnt in einer WG. Werden also auch fremde Menschen dort sein? Viele?

Mel, diese kleine, zierliche Frau. 43 Kilo wiegt sie, obwohl sie ständig Schokolade isst. Neben ihr fühle ich mich wie ein riesiger Fleischlops, weil sie so zerbrechlich wirkt. Sie lässt sich gerade von ihrem Mann scheiden, hat schon den nächsten Freund. Was soll ich ihr da erzählen? Mit ihren Lebensgeschichten kann ich nicht mithalten. Diese kleine, zierliche Frau, die 43 Kilo wiegt obwohl sie den ganzen Tag über Schokolade isst, sich gerade scheiden lässt und schon den nächsten Freund hat, macht mir Angst. Dafür kann sie nichts, hat mir nie das Gefühl gegeben ihr unterlegen zu sein. Sie war immer freundlich, wir haben uns toll unterhalten, ohne Vorurteile. Aber jetzt, wo ich mich ganz allein in ihr Reich wagen soll, fühle ich mich unsicher.

Ich weiß, dass ich nichts zu verlieren habe. Ich sage mir: Wenn ich nicht hingehe, wird keine Freundschaft daraus. Wenn ich hingehe und es doof wird, auch nicht. Eigentlich kann es sich nur zum Positiven verändern. Aber das beruhigt mich nicht.
Letzte Nacht erzählte ich meinem Bruder (15) von diesen Gedanken. Er sagte: "Jetzt bist du groß und studierst und bist trotzdem noch so dumm. Wenn sie dich nicht mag, dann mag sie dich halt nicht. Nicht jeder kann dich mögen." Ich weiß. Aber ich möchte gemocht werden. Von allen. Ich sollte denken: "Mir egal was andere von mir halten, hauptsache ich mag mich." Aber ich empfinde: "Warum siehst du mich an? Findest du mich hässlich? Habe ich irgendwo einen Fleck? Machst du dich gerade über mich lustig? Bitte tu das nicht. Bitte mag mich."

Mittwoch, 31. März 2010

no one can ever say I didn’t sing

Ich danke euch für euer Interesse und möchte euch heute eine Sängerin vorstellen, von der ihr vermutlich noch nie gehört habt, deren Geschichte euch aber hoffentlich ebenso belustigt und beeindruckt wie mich.

1868 in den USA geboren, hegte sie schon als Kind den Traum Sängerin zu werden, konnte diesen aber zunächst nicht verwirklichen, da sowohl ihr Vater und später dann ihr Ehemann nicht bereit waren sie dabei zu unterstützen. Die Ehe wurde geschieden, der Vater verstarb und hinterließ viel Geld. Der Karriere stand nun nichts mehr im Weg. Als reiche Erbin konnte sie sich Theater und Bühnen kaufen und wurde eine wahre Diva, die Arien schmetterte und der es an Publikum nicht mangelte. Sie flanierte in aufwändigen Roben über die Bühne und warf mit großen Gesten Blumen in ihre Zuhörerschaft. Was das Besondere an dieser Frau ist, fragt ihr euch?

Florence Foster Jenkins konnte nicht singen.

Die Kritiker zerrissen sie, machten sie nieder und hatten im besten Fall Ironie für sie übrig. Schon bald verbreitete sich ihr Ruf als schlechteste Sängerin im ganzen Land. Und Florence? Sie sang. Die Menschen verlangten nach mehr Auftritten, aber sie bestimmte wann sie vor wem singen wollte, wem sie gestattete ihren schiefen Tönen zu lauschen. Wenn die Menschen über sie herfielen, interpretierte sie es als Gehässigkeit und Eifersucht, Neid auf ihr Talent; hatten sie Lachtränen in den Augen, sah sie es als Zeichen ihrer Rührung. Sie selbst stellte sich mit anderen großen Diven ihrer Zeit auf eine Stufe und stand ihnen an Berühmtheit in nichts nach. Florence war keine Sängerin, aber eine Heldin. Meine Heldin. Sie lebte ihren Traum, über die ihr von der Natur gesetzten Grenzen hinweg. Ungeachtet der Kritiker. Und dafür liebe ich sie.

Mag sein, dass sie eine gestörte Wahrnehmung hatte oder einfach nur verrückt war, aber ich wünsche uns allen ein bisschen von ihrem Wahnsinn, dem grenzenlosen Vertrauen in unsere Fähigkeiten und das unbeirrte Umsetzen unserer Lebensträume, was auch immer man uns in den Weg legen mag.

„People may say I can’t sing, 
but no one can ever say I didn’t sing.“
Florence Foster Jenkins 


Wer sich von ihrem Nicht-Können überzeugen möchte:

Sonntag, 28. März 2010

Männerherzen

Männer sind Schweine.

Diesen Satz höre ich oft von Freundinnen. Männer, die unsensiblen Arschlöcher. Männer, die nur mit uns spielen. Die uns benutzen, die nur das eine wollen, denen wir egal sind.
Der Feind. Das Böse. Der Schuldige.

Aber so sind sie nicht. Es stimmt, dass die meisten Männer ihre Gefühle nicht so offen nach außen tragen. Es stimmt, dass sie oft länger brauchen bis sie sich auf eine Beziehung einlassen.

Aber Männer sind so verletzlich. Ich glaube darum tragen sie ihre Gefühle nicht so offen nach außen. Darum brauchen sie lange bis sie sich auf eine Beziehung einlassen. Denn wenn sie sich euch geöffnet haben, könnt ihr sie zerstören.



Also Mädchen, geht vorsichtig mit den Männerherzen um. Sie sind empfindsamer als ihr ahnt.
Gebt gut auf sie acht.

Samstag, 23. Januar 2010

Ohne Tränen

Ich weine oft. Bei traurigen Filmen. Bei schönen Filmen. Wenn ich mich freue. Wenn ich traurig bin. Wenn ich jemanden weinen sehe. Wenn ich den Fernseher einschalte und ein mir unbekanntes Paar ein ebenso unbekanntes Neugeborenes in den Händen hält. Ich weine schnell. Ich weine viel. Ich weine oft.

Aber wenn diese trockene Verzweiflung von mir Besitz ergreift, wenn die Hoffnungslosigkeit mich erdrückt, wenn ich Angst vor dem Leben habe, wenn meine Sehnsucht mich erstickt, dann kann ich nicht weinen. Ich erstarre nur. Gelähmt. Ohne Tränen.

Mittwoch, 20. Januar 2010

Weil sie die Geschichten kaputtgeredet haben.

Literatur. Das habe ich ein Semester lang studiert. Sobald ich die Möglichkeit dazu hatte, wählte ich es ab. Weil ich Worte zu sehr mag. Weil mir Geschriebenes zu viel bedeutet. Weil sie die Geschichten kaputtgeredet haben. Ich ertrug es nicht. Dieses sture Analysieren der Erzählperspektiven, das Abzählen der Stilmittel, das brutale Wühlen in der Psyche der Autoren.
Schon in der Schule sagte meine Lehrerin zu mir: "Du liest falsch!" Weil ich zu emotional las, weil ich es zu nah an mich heran ließ. Ich lese falsch. Ich lese gerne falsch. Oh, wie kann man Werthers Leiden ohne Gefühl ertragen, einen Kafka auf das Verhältnis zu seinem Vater reduzieren, sich von Schiller nicht mitreißen lassen? Wie kann man monoton über die Stürmer und Dränger referieren? Wie kann man nur?

Ich mag Goethe nicht. Von Kafta verstehe ich vieles nicht. Schiller könnte jeder Seifenoper als Vorlage dienen.

Aber ich liebe ihre Worte und ihre Geschichten. Nicht nur ihre. Viele. Manchmal muss es keine große Kunst sein, kein Aneinanderreihen möglichst gewichtiger Begriffe. Manchmal ist es auch nur ein kleines Wort an der richtigen Stelle. Mit ihnen muss man vorsichtig umgehen, darf sie nicht drehen und wenden, ihnen Theorien und Statistiken überstülpen. Sonst gehen sie kaputt.

"Ich begreife manchmal nicht, wie sie ein anderer lieb haben kann, lieb haben darf, da ich sie so ganz allein, so innig, so voll liebe, nichts anders kenne, noch weiß, noch habe als sie!"
Goethe, Johann Wolfgang. Die Leiden des jungen Werther. 

Mittwoch, 6. Januar 2010

Norma, oh Norma.

Da ist es. Mein Bild. Ausgerechnet das. Damit hatte ich nicht gerechnet. Aber als ich es sah, wusste ich, dass ich es haben muss. Nun hängt sie an meiner Wand. Schwarze Flächen auf weißem Hintergrund formen ihr Gesicht. Nur die Lippen sind rot. Voll. Halb geöffnet. Die Augen halb geschlossen. Verführerisch? Oder ist sie einfach nur müde? Sie sieht traurig aus. Wer ist diese Frau, die von nun an auf mich blickt? Eigentlich kenne ich sie doch gar nicht.

Marilyn Monroe. Es war unmöglich sich Bilder anzuschauen ohne auf sie zu stoßen. Fotos, Kunstdrucke, Gemälde. Sie interessierten mich nicht. Bis ich dieses eine Bild sah. Jetzt frage ich mich welches Schicksal dahinter steckt. Wer war Marilyn? Natürlich habe ich schon von ihr gehört, gelesen, gesehen. Sie ist trotz ihres Todes allgegenwärtig. Oder gerade deswegen. Auch in unserer Kultur.
Wikipedia spuckt Fakten aus. Danach suche ich nicht.
Norma,oh Norma. Wie wurde aus dir nur Marilyn? Wie kommt es, dass du jetzt an meiner Wand hängst? Wer bist du?

Montag, 4. Januar 2010

Ich will nicht blass sein.

Ich sehne mich so sehr nach dem Leben. Gerade fühle ich mich wieder wie betäubt. In Watte gehüllt. Die Gefühle sind so dumpf. Ich will spüren. Wenn es sein muss auch Schmerz. Etwas Echtes. Warum liegt zwischen tiefen Empfindungen immer Stumpfsinn? Warum hält es nicht an? Wieso verblasst es immer? Ich will nicht blass sein.


Es geht mir gut. Ich bin nicht nicht traurig, nicht schlecht gelaunt. Nur gelangweilt. Von mir selbst. Das Leben kann nicht immer aufregend sein. Wir brauchen Pausen um nach Durststrecken umso stärker fühlen zu können. Das ist logisch. Aber es gefällt mir nicht. Damit finde ich mich nicht ab. Ich will keine Pause. Nicht jetzt. Ich will mich hingeben. Einem Gefühl. Bis ich ganz darin versinke. Bis ich nichts anderes mehr bin. Bis ich lebe.